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GOLDWIND macht sich Gedanken:

Wenn Verzweiflung das Fundraising bestimmt

Die Welt spielt verrückt. Gefühlt verging in den letzten Wochen kaum ein Tag mit neuen, wahnwitzigen Ideen von der anderen Seite des Ozeans. Und das Fundraising? Das verfällt bei vielen Organisationen selbst in Krisenmodus, inkl. Panikaufrufe angesichts fehlender Gelder und eigener Unsicherheit. Dabei ist das das Gegenteil von dem, was die Menschen jetzt gerade brauchen.

Erinnern Sie sich noch an die selbst genähten Masken zu Beginn der Coronazeit? Oder an die Menschen, die damals vor Fenstern von unbekannten Leuten Musik machten, um die Einsamkeit zu vertreiben? Es waren diese kleinen Gesten, mit denen sich Menschen in einer Phase tiefer Verunsicherung und Ohnmacht, ihre Menschlichkeit zurückerobert haben. Es war Zeugnis des großen Wunsches, Gutes zu tun, während sich gerade alles um einen herum auflöste. Viele Organisationen haben damals sehr erfolgreiche Spendenaufrufe verschickt. Wer nicht nähen oder singen konnte, der spendete. Die Erfolgsstrategie der meisten Spendenaufrufe war es, keine Panik, sondern Hoffnung zu verbreiten. Den Menschen zu zeigen, dass man in der Krise verlässlich weitermacht. Dass man für Menschen da ist und zusammen mit Spenderinnen und Spendern an einem Strang zieht und dafür sorgt, dass die, die Hilfe geben können, das auch tun können. „#Zusammenhalt“ hieß das damals.

Auch wenn wir gerade zum Glück keine neue Pandemie durchleben müssen, im Ausnahmezustand fühlen sich dennoch viele. Denn seit der Corona-Krise sind wir kaum in einem ruhigen Alltag angekommen. Klimakrise, Russlands Krieg gegen die Ukraine, Gas-Krise, Inflation, Krieg in Nahost, Ampel-Streitigkeiten, Investitionsstau (Bahnchaos, Schulen), Koalitionsbruch, Migrationsdebatte, Donald Trump und Elon Musk, Neuwahlen in Deutschland mit Erstarken der AfD, Eklat im Weißen Haus, Zollwahnsinn … es hört nicht auf. Auch das sonnigste Gemüt kommt da an seine Grenzen.

Die Sehnsucht nach guten Nachrichten, die dem Chaos etwas entgegensetzen, ist groß. Genauso wie in der Corona-Krise könnten NGOs jetzt der Katalysator sein, der Gutes ermöglicht. Die Hoffnung, die Organisationen sonst so oft anderen bescheren wollen, könnten sie jetzt den Spenderinnen und Spendern schenken, indem sie Zuversicht ausstrahlen: „Die Welt spielt verrückt, aber wir machen weiter wie gewohnt. Wir bleiben verlässlich und tun Gutes. Sehen Sie nur, welche Erfolge wir erzielen. Und das Beste: Sie können mitmachen! Setzen auch Sie ein Zeichen gegen die Irrungen und Wirrungen der Welt“.

Ähnlich wie in der Corona-Krise ist es dabei wichtig, die aktuellen Befindlichkeiten aufzugreifen („Das, was lange galt, gilt plötzlich nicht mehr - wir verstehen Ihre Unsicherheit.“) und dann einen Gegenpol zu setzen („Wir machen da nicht mit. #zusammen-gegen-das-chaos“). Doch leider haben sich viele Organisation vom Krisenmodus anstecken lassen. Statt Sicherheit auszustrahlen, erreichten mich in den letzten Wochen viele nahezu panische Spendenaufrufe: „Unsere Projekte stehen auf der Kippe, weil [bitte auswählen]
* Donald Trump die USAid-Hilfen gestoppt hat,
* durch den Wechsel der Bundesregierung Fördergelder auf Eis liegen,
* weniger Leute spenden, wegen der unsicheren Zeiten.“

Aus den Spendenaufrufen spricht zum Teil unverhohlene Verzweiflung („wenn Sie nicht einspringen und jetzt spenden, gehen uns zum Monatsende die Lichter aus“). In diesen Mailings stehen nicht mehr die Betroffenen im Mittelpunkt der Spendenaufrufe, sondern die Organisationen selbst!

Andere Organisationen sind weniger dramatisch in Bezug auf sich selbst, brechen aber aus dem Chor „die Welt versinkt im Chaos, und den Menschen geht es furchtbar schlecht. Die Situation vor Ort ist ganz schlimm, überall Krieg und das Elend nimmt kein Ende“ nicht aus. Die Gefahr: Die Menschen verschließen sich und statt zu helfen, halten sie sich Ohren, Mund und Augen zu, um nicht noch weiter in den Strudel gesogen zu werden. Mit etwas Pech werden sie auf lange Zeit keinen Spendenbrief mehr öffnen, um dem darin enthaltenen Leid zu entgehen. Zurück bleibt das schlechte Gefühl, dass das alles eh nichts bringt…

Besonders fatal finde ich die Auswirkungen auf die Spenderbindung. Eine Organisation, die als Bittsteller auftritt, agiert nicht mehr auf Augenhöhe. Wer die eigene Not in das Zentrum der Kommunikation stellt, macht sich klein. Wer Menschen bittet, den „finanziellen Fehlbedarf“ auszugleichen, der an andere Stelle aufgetreten ist, degradiert sie zu „Darlehensgebern-ohne Rückzahlung“. Dabei wäre es gerade jetzt so wichtig, den Menschen ein Angebot zu machen, wie sie einfach und bequem Gutes tun können – ähnlich wie in der Corona-Krise. Das festigt die Beziehung!

Ich verstehe die Not der Organisationen, wenn Gelder wegbrechen. Ich verstehe die schlimme Situation in den Kriegsgebieten. Aber professionelles Fundraising muss auch die Befindlichkeiten der Spenderinnen und Spender im Blick haben. Und die wünschen sich gerade, dass jemand ein Licht anzündet und ihnen in Krisenzeiten etwas Ruhe und Verlässlichkeit schenkt. Nutzen Sie diese Chance!

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Danielle Böhle macht sich Gedanken

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